Automatisiertes Forschungsfahrzeug im Projekt P:Mover wird auf seine Strecken in Ilmenau angelernt
Mit dem Einsatz eines nach Automatisierungslevel 4 ertüchtigten Forschungsfahrzeugs im Projekt P:Mover, eine Abkürzung für „5G-Pionierregion: Mobilitätslösungen im suburbanen Raum vernetzen“, beginnt in Ilmenau eine neue Ära auf dem Gebiet des hochautomatisierten Fahrens im öffentlichen Straßenverkehr. Die Stadt Ilmenau unterstützt gemeinsam mit dem Thüringer Innovationszentrum Mobilität (ThIMo) an der Technischen Universität Ilmenau im Projekt CAMIL – Campusbus Ilmenau – bereits die nach Level 2 automatisierten Kleinbusse, die seit 2022 durch die IOV Omnibusverkehr GmbH Ilmenau erfolgreich in den Linienbetrieb überführt wurden (www.camil-ilmenau.de). Entsprechend dem geltenden Recht bieten diese Fahrzeuge aus Sicherheitsgründen zunächst nur eingeschränkte Automatisierungsfunktionen bei geringer Fahrgeschwindigkeit. Trotzdem liefert CAMIL wertvolle Erkenntnisse - nicht nur in Bezug auf wissenschaftlich-technische Aspekte, wie den elektrischen Antrieb, die Umfeldwahrnehmung oder die funktechnische Vernetzung, sondern auch hinsichtlich des routinemäßigen Betriebs und der Akzeptanz durch die Nutzer. Mit den Shuttle-Bussen der Linie D zwischen Bahnhof und Campus der Technischen Universität können Fahrgäste ganz nach dem CAMIL-Motto „mitfahren, mitteilen und mitgestalten“.
Auf diesem Projekt aufbauend und für höhere Fahrautomatisierung ausgelegt, startet jetzt das gemeinsam durch die Stadt und das ThIMo beschaffte Forschungsfahrzeug im Vorhaben P:Mover mit der Streckenapplizierung im öffentlichen Straßenverkehr. In diesem Projekt, das seit 2021 vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert wird, werden die 5G- Mobilfunktechnologie und die Fahrautomatisierung nach Level 4 zusammengeführt. Der hochautomatisierte Fahrbetrieb erfolgt auf zwei ausgewählten Strecken, bevor perspektivisch in Nachfolgeprojekten ein Regelbetrieb zur Beförderung von Fahrgästen in Frage kommt. Das Fahrzeug, basierend auf einem VW Multivan T7 mit Hybridantrieb, wurde mit Beschluss des Ilmenauer Stadtrats durch das beauftragte Unternehmen IAV GmbH für den hochautomatisierten Fahrbetrieb inkl. erforderlicher Sensortechnik aus Radar, LiDAR und Kameras für die Umfeldwahrnehmung sowie leistungsfähiger Rechentechnik für die Datenauswertung und Fahrzeugsteuerung umgerüstet. Der Erprobungseinsatz in Ilmenau ist zunächst auf den beiden Strecken zwischen Busbahnhof - Campus - Berufsschulzentrum „Am Ehrenberg“ sowie dem Gewerbegebiet „Am Vogelherd“ geplant. Durch den gegenüber CAMIL deutlich höheren Automatisierungsgrad ist das Fahrzeug mit ortsüblicher Geschwindigkeit unterwegs. Es sitzt dennoch bei jeder Fahrt ein geschulter Sicherheitsfahrer an Bord, der jederzeit den automatisierten Fahrbetrieb übernehmen kann.
Das Projekt P:Mover bahnt damit den Weg zu neuen Beförderungsmöglichkeiten im öffentlichen Personennahverkehr in ländlich geprägten Regionen, zunächst im Reallabor Ilm-Kreis, später auch darüber hinaus. Mit diesem Vorgehen setzt die Stadt Ilmenau gemeinsam mit ihren Projektpartnern ihre Strategie weiter um, die mobile Zukunft klimafreundlich, bedarfsgerecht und flexibel zu gestalten. „Für eine moderne Stadt wie Ilmenau ist es essenziell, im Bereich „neue Mobilität“ Erfahrungen zu sammeln. Diese gewonnenen Erkenntnisse wollen wir perspektivisch einsetzen, um unsere vielen Ortsteile besser an die Kernstadt Ilmenau anzubinden und damit die Lebensqualität im ländlichen Raum zu erhöhen“, beschreibt Ilmenaus Oberbürgermeister Daniel Schultheiß das Interesse der Stadt an dem Projekt.
„Zusammen mit der Stadt Ilmenau hat das ThIMo ein Versuchsfahrzeug beschafft, das mit modernster Sensortechnik ausgestattet ist. Die Sensoren sorgen in Verbindung mit der Kommunikations- und Rechentechnik für die Erfüllung der Aufgaben, die sonst der menschliche Fahrer übernimmt. Nur damit kann am Ende die Sicherheit im Fahrbetrieb zumindest auf ausgewählten Fahrstrecken gewährleistet werden. Unser Ziel ist es, die Sensortechnik weiterzuentwickeln und die Absicherung automatisierter Fahrfunktionen durch digitale Zwillinge zu erreichen. Perspektivisch wollen wir das Testgebiet über die ausgewählten Routen erweitern und für die Nutzung durch Fahrgäste im Reallabor vorbereiten. Erste Vorboten dafür sind moderne Fahrgastinformationssysteme, die von unserem Projektpartner Funkwerk bereitgestellt werden und deren Daten über 5G-Mobilfunk aktualisiert werden“, erklärt Professor Matthias Hein, Direktor des ThIMo.
P:Mover-Projektleiter Berk Altinel sieht in dem gemeinsamen Vorhaben einen wichtigen Schritt hin zu einem in der Zukunft neu gedachten öffentlichen Personennahverkehr. „Für uns ist das Projekt nicht nur ein wissenschaftlicher Schauplatz, sondern es soll am Ende ein greifbares Ergebnis stehen, das eine Grundlage für intelligente Verkehrskonzepte schafft“, beschreibt er das Anliegen der Kooperationspartner aus Kommune, Wissenschaft und Wirtschaft.