Goethesalon im GoetheStadtMuseum
© Thomas Wolf, Gotha

Karl Ludwig von Knebel
30. November 1744 - 23. Februar 1834

Porträt von Karl Ludwig von Knebel
© Stadtverwaltung Ilmenau

Mein Name ist Karl Ludwig von Knebel. Ich schrieb zahlreiche gefühlvolle Naturgedichte und übersetzte unter anderem die Werke des römischen Dichters und Philosophen Lukrez in die deutsche Sprache. Ich war aber auch Prinzenerzieher am Weimarer Hof und Goethes Urfreund. Als ich am 23. Januar 1798 bei eisigen Temperaturen in Ilmenau eintraf, hatte sich die Freundschaft gerade etwas abgekühlt. Ich nahm zunächst Quartier im Haus des Bergrats Carl Wilhelm Voigt, bevor ich meine zugige Mansardenwohnung in der Marktstraße 23 bezog. Der Anlass meines Umzugs vom Weimarer Hofleben in das ruhige Ilmenau hatte mehrere Gründe. Ich wollte in aller Stille meine Braut Louisa Rudorf ehelichen. Sie hatte bereits am 15. Januar 1796 einen Sohn geboren. Der Vater war kein Geringerer als Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach. Er hatte sich das „hübsche Rudelchen“, wie die 17jährige Sängerin und Gesellschafterin von Herzogin Anna-Amalia genannt wurde, zur Geliebten genommen, obwohl ich ihr eigentlich schon den Hof machte. Es brauchte einige Zeit, bis der Herzog, seine Zustimmung für unser Ehebündnis gab und ich den kleinen Carl Wilhelm als meinen eigenen Sohn aufziehen konnte. Mein Freund Johann Gottfried Herder hatte mir Ilmenau mit seiner malerischen Umgebung und der guten Luft, fernab von den Ränkeschmieden des Hofes, als neues Domizil empfohlen.

Aussicht über Ilmenau vom Knebelblick
© Stadtverwaltung Ilmenau

Zunächst war jedoch meine Ehe nicht glücklich. Meine 32 Jahre jüngere Frau war sehr temperamentvoll und lebenslustig. Ich verschreckte sie des Öfteren mit meinem cholerischen Charakter. Bereits am Tag der Hochzeit bekam ich einen Tobsuchtsanfall, weil die Wohnung überheizt war. Da floh mein Rudelchen nach Weimar zu ihrer Mutter. Im Laufe der Zeit haben wir uns aber gut arrangiert, haben viele große Wanderungen unternommen, so zu meinem Lieblingsort, dem Ehrenberg (der dortige Aussichtspunkt ist daher heute als "Knebelblick" bekannt) oder zum Felsen im Ascherofen zwischen Gabelbach und Auerhahn. Einmal haben wir es sogar bis zur Ilmquelle auf den Kamm des Thüringer Waldes geschafft. So entstanden wundervolle Gedichte wie „Lethe“ oder „An der Quelle der Ilm“. Wir nahmen auch an geselligen Runden von Ilmenauer Bürgern teil und ließen uns das in Ilmenau so beliebte „frugale Mal“ schmecken, ein einfaches, kaltes Abendbrot, das mit Punsch gereicht wurde.

Wenzelsches Haus
© Stadtverwaltung Ilmenau

Rudelchen war Mitglied der nur Frauen vorbehaltenen Mopsgesellschaft und ich durfte zu deren Stiftungsfest auch an Tanz-, Gesang- und Theateraufführungen teilnehmen. Im Juni 1800 zog ich mit meiner Familie in ein geräumiges, herrschaftliches Haus in der Lindenstraße, das später nach einer Familie Wenzel benannt wurde, die es bald nach meinem Auszug in Besitz nahm. Leider hatte ich dort einen Streit mit der Vermieterin namens Grübel, so dass sie dafür sorgte, dass unsere nächtliche Ruhe derart gestört wurde, dass wir letztlich auszogen. Am 12. Juni des Jahres 1804 ging ich mit meiner Familie von Ilmenau nach Jena. Die Freundschaft zu Goethe stabilisierte sich wieder. Mein guter Freund Herder war inzwischen verstorben. Rudelchen und ich verstanden uns immer besser. Wir bekamen noch einen eigenen Sohn. Für die damalige Zeit erreichte ich ein unglaubliches Alter von 90 Jahren.

Text: (c) GoetheStadtMuseum Ilmenau

Abb. 1: Porträt von Karl Ludwig von Knebel, Jacob Wilhelm Roux, um 1800, Farbkopie nach einem Ölbild, ausgestellt im Museum Jagdhaus Gabelbach, Schreibkammer; Leihgabe Klassik Stiftung Weimar; Foto: GoetheStadtMuseum Ilmenau

Abb. 2: Blick vom Aussichtspunkt "Knebelblick", Knebels Lieblingsplatz in Ilmenau; Foto: GoetheStadtMuseum Ilmenau

Abb. 3: "Wenzelsches Haus" in der Lindenstraße, zeitweilig Knebels Wohnhaus in Ilmenau; Foto: Stadtverwaltung Ilmenau.