Gedenkstein für die Ärztin Dr. Margot Doellerdt im Ilmenauer "Hammergrund" enthüllt
Ein Gedenkstein für die Manebacher Ärztin Dr. Margot Doellerdt wurde am Montag an ihrer einstigen Wirkungsstätte in Ilmenau enthüllt. Die Medizinerin war während des Zweiten Weltkriegs als Lagerärztin im Zweigwerk der Waggonfabrik Gotha im „Hammergrund“ eingesetzt worden, wo sie rund 400 Zwangsarbeiter insbesondere aus Osteuropa betreute. Entgegen der damaligen Anweisungen sorgte sie für eine zutiefst humanitäre Behandlung der Menschen aus dem Ausland, die als Arbeitskräfte überwiegend zwangsrekrutiert wurden. Die Begleitung der Geburt von neun Kindern im Zwangsarbeiterlager zählte dabei zu ihren größten Leistungen – in einer Zeit, in der schwangen Zwangsarbeiterinnen die verordnete Abtreibung drohte. „Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren“, zitierte Tina Wittrich, die Vorsitzende des Ilmenauer Ausschusses für Kultur und Sport, in ihrer Rede den Künstler Vincent van Gogh. Tatsächlich stand für Margot Doellerdt einiges auf dem Spiel, die durch ihr Handeln selbst „mit einem Bein im Gefängnis stand“, geht aus Aktenunterlagen des Ilmenauer Stadtarchivs und den Thüringer Staatsarchiven Gotha und Rudolstadt hervor. Inzwischen wurde das Wirken der Ärztin auch in den Publikationen „Außergewöhnliches aus den Archiven zwischen Schwarza, Gera und Ilmenau“ von Klaus-Ulrich Hubert und „Zwangsarbeiter in Ilmenau“ von Arne Martius dokumentiert. Zu verdanken ist es aber vor allem dem Ilmenauer Heimatgeschichtsforscher Wilhelm Bekos, der es war, das von christlicher Nächstenliebe geprägte Wirken Doellerdts zurück ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu holen. Seine Bemühungen, die Ärztin zu ehren, reichen bis in das Jahr 2011 zurück.
Als Tochter des ehemaligen Manebacher Pfarrers Friedrich Eberl geboren, studierte Margot Doellerdt Medizin in Jena. Nach ihrer Promotion wurde ihr die ärztliche Verantwortung für die Menschen im größten Ilmenauer Zwangsarbeiterlager übertragen. Im „Hammergrund“ befand sich mit dem Zweigwerk der Waggonfabrik Gotha ein wichtiger Rüstungsbetrieb, der Flugzeugteile für die ME 110 und FW 58 fertigte, berichtete Wilhelm Bekos. Die rekrutierten Arbeitskräfte kamen überwiegend aus der ehemaligen Sowjetunion, Frankreich, Belgien, Niederlande und Italien. „Die von Hitler verordnete Abtreibung bei werdenden russischen Müttern wurde durch bewusste Falschmeldung (des zuständigen Werkleiters, Anmerkung der Redaktion) und mir sabotiert“, erklärte die Ärztin in einer Stellungnahme nach dem Krieg. Die ebenfalls befragten einstigen Insassen des Lagers bescheinigten Margot Doellerdt ihren unbeirrbaren Kurs, menschliches Handeln in den Mittelpunkt ihrer täglichen Arbeit zu stellen.
Den Gedenkstein, wie er zu Wochenbeginn im Beisein von Ilmenaus Bürgermeisterin Beate Misch, Amtsleiter Nico Debertshäuser, Kultur- und Sportausschussmitgliedern sowie Stadträten enthüllt wurde, ziert eine gravierte Tafel, die an die Leistungen von Dr. Margot Doellerdt während der Zeit des Nationalsozialismus erinnert. „An dieser Stelle wird an Dr. med. Margot Doellerdt aus Manebach und ihr beispielgebendes Handeln erinnert. Sie stellte Humanität und christliche Nächstenliebe über die Anweisungen des Regimes zum Umgang mit Fremdarbeiterinnen und -arbeitern. Ihre Verdienste bringen ihr bis heute Anerkennung und tiefen Respekt ein“, lautet die Einleitung des Texts.
Ein langes Leben war der Ärztin indes selbst nicht vergönnt, die seit ihrer Geburt an einem Herzfehler litt, schilderte Sven Reinhardt, der als Enkel die Einweihung besuchte. Seine Mutter Eileen Reinhardt beschrieb Margot Doellerdt als stets liebevolle und hilfsbereite Frau, die trotz eigener Beschwerden ihre Patienten so lange betreute, bis mit 43 Jahren die Kraft nicht mehr reichte. „Die Humanität war ihr in die Wiege gelegt“, stellte Tina Wittrich fest. Die Erinnerung an ihr Wirken, wie sie seit dieser Woche am Eingang des Gewerbeparks „Am Hammergrund“ zu sehen ist, sei am nunmehr 111. Geburtstag von Margot Doellerdt „eine längst überfällige posthume Ehrung“, schätzte sie ein.