Ilmenaus historisches Vermächtnis wird digital: Hochleistungsscanner dupliziert wertvolle Bestände im Stadtarchiv
Das Gedächtnis der Stadt Ilmenau reicht bis in das 15. Jahrhundert zurück: Ein Pergamentschriftstück aus einem Missale Romanum ist das älteste Dokument, das im Stadtarchiv erhalten ist. Aneinandergereiht würden alle Papierseiten im historischen Fundus von Ilmenau eine Länge von einem Kilometer erreichen. Zwischen Akten- und Bücherdeckeln wird hier das Leben ganzer Generationen einer Stadt mit ihrer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Biografie festgehalten in Text und Bild.
Um dieses wertvolle historische Gut für die Nachwelt zu erhalten und gleichzeitig digital verfügbar zu machen, wurde im Stadtarchiv ein Hochleistungsscanner für rund 50.000 Euro angeschafft. Er sorgt nicht nur dafür, dass die originalen Bestände künftig weniger beansprucht werden, sondern auch, dass deren Inhalte gezielter auffindbar sind. So können perspektivisch gedruckte Werke volltexterfasst und durchsuchbar gemacht werden. Beim Scanvorgang erlaubt die Konstruktion flexible Einstellungen, die auf jeden Buchrücken anpassbar sind und somit die zum Teil jahrhundertealten Einbände nicht überdehnt und beschädigt werden, erklärt der Leiter des Stadtarchivs, Martin Rothaler.
Das Abfotografieren größerer Dokumente gehört damit der Vergangenheit an. Selbst historische Bauunterlagen, die oft aus mehrfach gefalteten Seiten bestehen, kann der Scanner bis zur Größe A1 verarbeiten. Mit einer Geschwindigkeit von 3,5 Sekunden erfasst und speichert er Doppelseiten, wofür zuvor knapp anderthalb Minuten gebraucht wurden. „Gemessen am Gesamtbestand sprechen wir über einen Zeitgewinn von Jahren bei der digitalen Bestandserfassung“, beschreibt Martin Rothaler einen der Vorteile des neuen Geräts. Ein weiterer Effekt: „Perspektivisch können wir damit auch einen Teil des Archivs online verfügbar machen“, fügt er hinzu.
Zu den meistgefragten Archivalien gehören Personenstandsbücher. Waren bis 1876 die Kirchen für Dokumentierung von Personenstandsfällen zuständig, übernahm diese Aufgabe danach der Staat. Entsprechend umfangreich sind hier die Erfassungsarbeiten. Fünf Prozent der Personenstandsbücher sind inzwischen digitalisiert – seit Ende des vergangenen Jahres geht das mit dem neuen Scanner nun deutlich schneller. Sütterlinschrift kann das Gerät zwar noch nicht transkribieren. Doch die Fortschritte auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz und der Softwareentwicklung lassen auf eine künftige Verbesserung hoffen, merkt der Leiter des Ilmenauer Stadtarchivs an. Schon jetzt allerdings kann der Scanner alte Zeitungsseiten erfassen, welche anschließend digital einsehbar sind, was die Archivarbeit für Bürgerinnen und Bürger deutlich vereinfacht.
„Ein Archiv hat eine unglaublich große Bedeutung für die Stadt. Hier finden sich alle Unterlagen, die von der Stadt erstellt wurden und werden. Die Bandbreite reicht von zunächst rechtlich bindenden Aufbewahrungsfristen, bis hin zum dauerhaften Verbleib von historisch bedeutsamen Dokumenten“, sagt Martin Rothaler.
Die Digitalisierung des Stadtarchivs bedeutet keineswegs, dass die analogen Bestände aufgegeben werden – ganz im Gegenteil. Sukzessive werden die originalen Dokumente und Einbände von handwerklich versierten Buchbindern aufgearbeitet und bleiben so auch in ihrem nahezu ursprünglichen Charakter den nächsten Ilmenauer Generationen erhalten.