Ansicht Rathaus und Amtshaus
© Stadtverwaltung Ilmenau

Auftakt für die weitere Umgestaltung im Ilmenauer Quartier „Fischerhütte“

Neugestaltung des Quartiers Fischerhütte in der Stadt Ilmenau
© Stadtplanungsbüro Wilke, STHP Straßen-, Tief- und Hochbauprojektierung GmbH und Ruge+Messerschmidt Architektur und Projektsteuerung

Nach der Einweihung des ersten Brückenneubaus im Ilmenauer Quartier „Fischerhütte“ Ende 2022 wird die Erschließung der ehemaligen Industriefläche in diesem Jahr fortgesetzt. Der Bau einer weiteren Brücke über die Ilm als zweite Hauptachse ist die Voraussetzung für die Hochwasserfreistellung des Areals – und damit Grundlage für die Entwicklung der Fläche als künftig modernem Gewerbe- und Wohnstandort mit dem historischen Gebäude der Glasfabrik „Fischerhütte“ als Herzstück. Investiert werden in diesem Jahr rund 1,5 Millionen Euro.

Da das Viertel mit seiner geplanten Aufwertung eine deutlich höhere Verkehrslast aufnehmen muss, wird die neue Brücke entsprechend größer dimensioniert: Statt einer Breite von bislang 5,60 Metern ist allein die Fahrbahn des künftigen Bauwerks 6,20 Meter breit, hinzu kommen ein Gehweg (1,5 Meter breit) und ein Radweg mit einer Breite von 2 Metern. Um die Brücke normengerecht an die Infrastruktur der Langewiesener Straße anzubinden, ist ein größerer Radius nötig, für den Anfang Februar 2024 zwei Bäume gefällt werden mussten. Zwei weitere Bäume wurden in diesem Zusammenhang entfernt, weil ihre Standsicherheit nicht mehr gegeben war. Ein fünfter Baum wurde zugunsten des notwendigen Baufelds gefällt. Für eine Ansiedlung im universitätsnahen Stadtteil „Fischerhütte“ interessiert sich ein namhaftes Technologieunternehmens und stellt damit Arbeitsplätze in einer für die Stadt Ilmenau bedeutsamen Zukunftsbranche in Aussicht.

Geplant sind im Bereich der Fischerhütte Ersatzpflanzungen, die weit über die Anzahl der Fällungen hinausgehen. Vorgesehen sind insgesamt 42 neue Bäume in dem Areal, das damit weitaus ökologischer wird als das aktuell der Fall ist. Durch die trichterförmige Öffnung der Ilm, die derzeit zu schmal eingefasst ist, wird außerdem das Gewässer deutlich naturnaher gestaltet und durch die Möglichkeit des Herantretens an das Wasser für Besucherinnen und Besucher wesentlich attraktiver.

Dass die Fällung von Bäumen unter Einwohnerinnen und Einwohnern nicht unumstritten ist, kann Ilmenaus Oberbürgermeister Daniel Schultheiß gut nachvollziehen. Gleichzeitig bittet er aber auch um Verständnis dafür, denn auch die Stadtverwaltung macht sich solche Entscheidungen längst nicht mehr leicht, sondern sucht stets erst nach anderen Lösungen. Dennoch ist es unabdingbar, dass die Stadt nun die Möglichkeit nutzt, die trotz aller Bemühungen in den vergangenen Jahren vorherrschende Stagnation und den Verfall auf dem Gelände zu beenden. „Dieses Vorhaben bedeutet eine enorm große Chance für unsere Stadt. Bislang gab es viele Vorstellungen und Ideen für diese große Industriebrache an der Schnittstelle zwischen Universitätscampus und Wohngebiet am Stollen, die leider noch nicht mit Leben erfüllt werden konnten. Nun aber bietet sich für Ilmenau die einmalige Gelegenheit, in Verbindung von Universitätsnähe und unternehmerischem Engagement, das Gebiet Fischerhütte zu entwickeln“, sagte Ilmenaus Oberbürgermeister Daniel Schultheiß zu den Plänen.

Ungeachtet der wirtschaftlichen und städtebaulichen Entwicklung im Quartier „Fischerhütte“ wird dem ökologischen Faktor von Beginn der Planungen an ein sehr hoher Stellenwert zugeschrieben: Nicht nur die unansehnliche und unökologische Betoneinhausung der Ilm weicht einem begehbaren Grüngürtel entlang des Gewässers, auch werden mehrere der 42 neuen Bäume im Inneren des Quartiers gepflanzt, wo sie im Sommer Schatten bieten und das gesamte Areal kühlen können. Voraussetzung für eine Zukunft der bisherigen Industriebrache ist jedoch eine Hochwasserfreistellung der Ilm in diesem Bereich, zu der der Neubau von Brücken in entsprechender Dimensionierung gehört. Die bisherigen Bauwerke erlaubten keine Aufweitung des Gewässers. Zudem schränkten die geringen Höhen der Konstruktionsunterkanten den Abflussquerschnitt der Ilm maßgeblich ein. Dies führte - neben dem unzureichenden Abflussquerschnitt unterhalb der Brücke - zu einem Rückstau oberhalb. Einen maßgeblichen Beitrag leistet deswegen die geplante terrassenähnliche Gestaltung des Ufers, die über ihre Attraktivität für Besucherinnen und Besucher hinaus eine wichtige technische Funktion hat: Im Fall von anfallenden Wassermengen über den Durchschnitt hinaus kann dieser Abschnitt der Ilm ein wesentlich höheres Volumen aufnehmen, als es bei der jetzigen unnatürlichen Ufergestaltung der Fall ist. Durch die geplante Aufweitung des Gewässers wird der Wasserspiegel deutlich abgesenkt.

Wie es in einer Bestandsanalyse heißt, ist die Ilm in der Ortslage Ilmenau „stark durch die baulichen Aktivitäten der Vergangenheit geprägt und erheblich gegenüber dem natürlichen Verlauf überprägt“. Die Ufer sind stellenweise durch senkrechte Mauern begrenzt. Ufermauern und mit Wasserbausteinen gesicherte Böschungen wechseln sich beidseitig ab. Teilweise sind Ufermauern auf beiden Seiten eines Querschnittes vorhanden. Hinzu kommt: Im Bereich der Fischerhütte hat die Ilm ein durchschnittliches Längsgefälle von ca. 5,7 Promille. Das verhältnismäßig hohe Gefälle erzeugt eine hohe Fließgeschwindigkeit. Die angrenzenden Böschungen und Mauern sind stark von Bewuchs geprägt, der stellenweise den Abflussquerschnitt erheblich einschränkt. Die vorhandenen Ufermauern müssen zudem im Wesentlichen als marode bezeichnet werden, heißt es in der Analyse.

Das Erbe des ehemaligen Industriegeländes hat auch auf der Sohle der Ilm Spuren hinterlassen: Es sind zahlreiche Rückstände wie Ziegel- und Betonreste aber auch Glasfragmente aus der Produktion der ehemals hier vorhandenen Glasfabrik vorzufinden. Glas wurde auch als Zuschlagstoff in den alten Betonmauern entlang der Ilm verwendet, worin auch der schlechte Zustand der Bauwerke zu begründen ist. Ein wesentliches Problem für die derzeitige Hochwasserproblematik ist der Bewuchs, der den Abflussquerschnitt vor allem während der Vegetationsperiode erheblich einschränkt und so zu erhöhten Wasserspiegeln führt. Nach Durchführung der einzelnen Baumaßnahmen und der Neugestaltung des Gewässerprofiles werden gemäß des Landschaftspflegerischen Planungsbeitrags neue Gehölze an der Ilm vorgesehen. Deren Auswirkungen auf die Wasserspiegel wurden bei der hydraulischen Berechnung berücksichtigt.

Weg von einer ehemaligen Industriebrache – hin zu einer innerstädtischen und naturnahen Oase: Unter dieser Überschrift steht die Entwicklung des Quartiers „Fischerhütte“. Für dieses Vorhaben erhielt die Stadt Ilmenau die Zusage von Fördermitteln in Höhe von 6,5 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Zusammen mit dem Eigenanteil der Stadt Ilmenau von rund 3,6 Millionen werden damit insgesamt über 10 Millionen Euro in die ehemalige Industriefläche zwischen Campus und Kernstadt investiert.

15.02.2024